Der große Schock
„Das gibt’s doch gar nicht, der Arsch hat es tatsächlich geschafft.“ Mit diesen Sätzen begann ein Anruf, welchen ich Mittwoch gegen 8:00 Uhr erhielt. Eine gute Freundin wollte mir mitteilen, das Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewonnen habe. Dann kam eine Schimpfkanonade über Trump, welche ich an dieser Stelle nicht wiedergeben kann. Und schließlich auch noch der Vorwurf an mich persönlich, auch ich hätte mir insgeheim Trump als Sieger gewünscht, das könne man in meinem Beitrag von der vergangenen Woche nachlesen.
Bin ich, die Immobilienkauffrau Jacqueline Hartmann, eine Anhängerin des amerikanischen Multimilliardär Donald Trump?
Vorab einige Zitate aus der hiesigen Medienwelt.
„Sieg des Zerstörers. Donald Trump wird der nächste US Präsident. Das ist eine politische Katastrophe – für Amerika, für die Welt.“ (Spiegel online)
„Der Sieg des Populismus.“ (Deutschlandfunk)
„Der Spuk geht jetzt erst los.“ (SZ)
„Das größte Fuck you aller Zeiten.“ (N-tv)
„Die Rache der weißen Männer.“ (Tagesspiegel)
„Der Rächer im Weißen Haus.“ (FAZ
„Der Ernstfall.“ (Die Zeit)
ich könnte diese Liste beliebig fortsetzen, aber diese Beispiele genügen, um zu verdeutlichen , dass im hiesigen Establishment und und den damit verwobenen Medien tiefste Verunsicherung herrscht.
Liest man den ein oder anderen Artikel komplett durch, so wird schnell klar, dass niemand mit einem Sieg Donald Trumps gerechnet hat. Ebenso deutlich wird ebenfalls, wie tief im Moment die Verunsicherung unserer politischen und medialen Eliten ist. Niemand weiß genau zu sagen, wie es nun genau weitergehen soll mit dieser jahrzehntelang gepriesenen transatlantischen Brücke, welche doch in all den gelobten Jahren der Vergangenheit von hohem Nutzen für die Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. Die üblicherweise genutzten Bindungen an US-Einflussträger sie werden zukünftig nicht mehr funktionieren. Zumindest nicht im Rahmen des US Präsidenten selbst und seines engeren Umfeldes. Die Möglichkeit, sich auch kurzfristig miteinander politisch abzustimmen, aber auch das, ich nenne es mal die traditionelle Kungelei zwischen den USA und der BRD, wird teilweise verunmöglicht.
Ich persönlich bin wahrlich kein Freund dieses Donald Trump.
Und dennoch: Für einen Moment empfand ich eine klammheimliche Freude, dass Trump nun der nächste Präsident wird und nicht die viel gepriesene und bestens vernetzte Hillary Clinton. Meine Freude allerdings beschränkt sich darauf, dass diese Wahl ein Weckruf sein kann. Ein Weckruf für jene, welche glaubten, man könne sich auf ewig so weiter durchwurschteln wie in den letzten Jahren.
Flüchtlinge, Migranten? Sind doch jetzt schon weniger geworden und Integration der jetzt bereits bei uns lebenden, das bekommen wir auch noch irgendwie hin. Vermögensunterschiede, ständig wachsende Ungleichheit? Wieso denn? Noch nie waren so viele Menschen hier in diesem unserem Lande in Lohn und Brot. Sollen sie doch lieber mal nach Brasilien oder in die Länder Afrikas auswandern, dann werden alle linken Neidhammel, welchen unseren Milliardären nicht die Butter auf dem Brot gönnen , am eigenen Leib spüren, was wirkliche Armut bedeutet. Wir sind wieder Exportweltmeister.….
Jeder kennt diese Aussagen unserer Mehrheitspolitiker sei es aus dem Bundestag oder aus den Talkshows. Begleitet vom Humba Humba Täterä fast aller Massenmedien.
Es wird schwerer werden in der BRD mit einer derartigen, die Interessen des Großteils der Bevölkerung Ignorierenden Politik in Zukunft Wahlen zu gewinnen. Das freut mich, weil es die Chance eröffnet, einen breiten Diskurs darüber zu eröffnen wie es hier bei uns in der Bundesrepublik und auch in unseren europäischen Nachbarstaaten in Zukunft weitergehen soll. Niemand wird sich trauen, es einfach so laufen zu lassen wie bisher. Die Risiken sind zu groß, Donald Trump ist der lebende Beweis.
Dass sich durch die Wahl des neuen US Präsidenten neue Chancen im Verhältnis USA/Russische Föderation ergeben können, habe ich schon letzten Freitag geschrieben. Trump will Innenpolitik machen und setzt explizit weniger auf außenpolitisches, in der Regel militärgestütztes amerikanisches Engagement. Mittelfristig könnte es eine Art Entspannung zwischen Russland und den USA geben, ob es unseren Hardlinern nun gefällt oder nicht.
„Die Wahl in den USA beweist: Ein politisches System, aufgebaut auf einem Wirtschaftssystem, dass die Demokratie zerstört und zur Oligarchie hin führt, kann nicht von Dauer sein.“ So äußerte sich Oskar Lafontaine von der Linkspartei am 9.11.2016 auf den Nachdenkseiten.
Der Publizist Kai Ehlers äußert sich ebenfalls am 10.11.2016 auf den Nachdenkseiten und widmet sich einer Rede, welcher der russische Präsident Putin vor einigen Wochen auf der sogenannten Waldai- Konferenz gehalten hat.
„Soziologische Studien rund um die Welt zeigten, so Putin dass die Menschen in verschiedenen Ländern auf den verschiedenen Kontinenten dazu tendierten, die Zukunft trübe und öde zu sehen. Dies sei bedauerlich. Die Menschen sehen keine realen Möglichkeiten, irgendetwas zu ändern, Einfluss zu nehmen und Politik zu gestalten. Selbst in den entwickelten Demokratien habe die Mehrheit der Bürger keinen wirklichen Einfluss auf die politischen Prozesse und die Macht. Die Menschen fühlten eine zunehmende Kluft zwischen ihren Interessen und den Vorstellungen der Eliten vom einzig richtigen Weg.
Ergebnis: Referenden und Wahlen brächten immer öfter Überraschung für die Autoritäten hervor. Diese Entwicklung könne nicht einfach als populistische Radikalisierung abgetan werden, vielmehr gehe es hier um gewöhnliche Menschen normale Bürger die ihr Vertrauen in die herrschende Klasse verlieren,“ so auszugsweise der Russland Experte Kai Ehlers in seinem lesenswerten Beitrag.
Damit es nicht zu einseitig wird zum Schluss ein Zitat von ganz anderer Seite.
„Möglicherweise ist Trump am Ende besser für Europa als Clinton,“ so Edmund Stoiber von der CSU auf Focus online vom 10.11.2016.
„Wir müssen als Politiker alles offen diskutieren. Das Volk hat Sorgen und benutzt dafür auch mal eine Sprache, die vielleicht nicht politisch korrekt ist. Aber das dürfen wir nicht abtun. Wenn wir den kleinen Leuten nicht das Signal geben, dass wir ihre Ängste und Probleme ernst nehmen und ihre Sprache verstehen, dann bleibt die Gefahr, dass wir viele nicht mehr an uns binden können“.
Ob Edmund Stoiber dabei auch an eine Vermögensteuer für Milliardäre bzw. eine deutliche Erhöhung der Erbschaftssteuer für Superreiche gedacht hat, das weiß ich allerdings nicht.
Ein entspanntes oder auch diskussionsreiches Wochenende wünscht Ihnen
Herzlichst ihre Jaqueline Hartmann