Präsidentenwechsel auf Schloss Bellevue

Der Wechsel ist vollzogen. Als Nachfolger von Joachim Gauck hat Frank-Walter Steinmeier am 19.3.2017 sein Amt als neuer Bundespräsident angetreten.

Der Bundespräsident ist nominelles Staatsoberhaupt , hat jedoch nicht allzu viele Rechte. Das Amt ist überwiegend repräsentativ. Die Wirkungen, welche ein Bundespräsident entfalten kann, liegen überwiegend in der Macht seiner Worte, in den Themen , die er aufgreift , aber auch in seiner persönlichen Ausstrahlung. Viele sehen das Amt des Bundespräsidenten als eine moralische Institution. Der Präsident als Mahner oder Ermahner für Politik und Staatsvolk gleichermaßen.

Bundespräsident Gauck glaubte ein solcher Mahner zu sein. Seine Reden drehten sich oft um die individuelle Freiheit des einzelnen. Freiheit, ein Leitwort von Gauck. Ein weiteres Kernthema des ausgeschiedenen Präsidenten war auch die Rolle der Bundesrepublik in der Welt. Gauck mahnte ein größeres Engagement der Republik im globalen Rahmen an.

Auch militärische Interventionen dürften dabei nicht ausgeschlossen werden. Gaucks Kritiker- und deren gab es vielenannten ihn ab und an einen Kriegstreiber. Mit dem sogenannten großen Zapfenstreich, einem aufwendigen militärischen Zeremoniell aus der Preußenzeit wurde Joachim Gauck aus seinem Amt verabschiedet. Der große Zapfenstreich wird auch heute immer noch bei der Verabschiedung von Militärs oder Politikern von Rang durchgeführt. Dieses militärische Zeremoniell stößt zunehmend auf Kritik. Wenn aber der große Zapfenstreich je bei der Verabschiedung eines Bundespräsidenten angemessen war, dann sicherlich bei Joachim Gauck. Militärmusik und Gauck – auf eine gewisse Art stimmig.

Erinnert sei an dieser Stelle an den Vorgänger von Gauck, Christian Wulff. Als Wulff am 30.6.2010 sein Amt antrat, war er mit 51 Jahren der jüngste Präsident, den die Republik jemals hatte. Als er schon am 17.2.2012 zurücktrat, wurde Christian Wulff auch noch zum Präsidenten mit der bislang kürzesten Amtszeit.

Wulff wurde in einer beispiellosen Hetzkampagne der Medien zu Fall gebracht.

Die Kampagne begann mit Wulffs Hauskauf in Großburgwedel. Wo hatte Christian Wulff das Geld für den Hauskauf hergenommen, war es wirklich geliehen und wenn ja von wem?

Schnell kamen weitere Vorwürfe hinzu: Wulff sei bestechlich, habe sich Hotelrechnungen bezahlen lassen, habe in Luxuswillen von vermögenden Freunden gratis Urlaub gemacht. Selbst der von Dritten seinem kleinen Sohn geschenkte Bobbycart spielte plötzlich eine Rolle. Als Wulff während der gegen ihn laufenden Kampagne beim damaligen Chefredakteur der Bild-Zeitung, dem Herrn Kai Diekmann angerufen hatte, um sich über Art und Umfang der Berichterstattung dieses Blattes über seine Person zu beschweren, da nahm die Kampagne gegen den Präsidenten und seine Ehefrau erst richtig Fahrt auf. Wie kann man es wagen, gegenüber der Bild Zeitung, einem Leuchtturm regelmäßiger journalistischer Glanzleistungen eine Beschwerde zu äußern?

Der Mann und seine Ehefrau wurde ausgeleuchtet bis ins Detail und nach Strich und Faden fertig gemacht. Bei der Schmutzkampagne gegen Christian Wulff machten alle, fast alle Medien mit. Und die Politik, sie schwieg. Auch ehemalige politische Freunde Wulfs waren plötzlich keine Freunde mehr.

Am Ende lösten sich alle Vorwürfe in Luft auf. In einem von Wulff selbst angestrebten Gerichtsverfahren wurde zweifelsfrei Wulffs Unschuld erwiesen.

Was hatte er nun wirklich falsch gemacht dieser Christian Wulff? Manch einem wirkte er zu stromlinienförmig. Wulff hatte eine steile politische Karriere bis hin zum niedersächsischen Ministerpräsidenten hinter sich. Große Fehler waren ihm vor seiner Präsidentschaft nicht anzulasten.

Als Bundespräsident schließlich tat er einiges Ungewohntes. Er bezeichnete den Islam als zu Deutschland gehörig . (Zitat: „Zuallererst brauchen wir aber eine klare Haltung. Ein Verständnis von Deutschland, dass Zugehörigkeit nicht auf einen Pass, eine Familiengeschichte oder einen Glauben verengt, sondern breiter angelegt ist. Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“) Wulff sagte dieses am Anfang seiner Amtszeit als direkte Reaktion auf das damals von Thilo Sarrazin vorgestellte unsägliche Buch „Deutschland schafft sich ab“.

In Israel hielt Christian Wulff eine bewegende Rede und verschaffte sich damit den besonderen Respekt des jüdischen Volkes.

Vielleicht war’s dann aber doch des Guten zu viel, nachdem sich Wulff auch zu konkreten politischen Themen äußerte.

Beispielsweise zur seinerzeit zum wiederholten Male anstehenden Euro -Rettung.

(Zitat bezogen auf die Parlamentsarbeit: „Dort finden die großen Debatten nicht mit ergebnisoffenem Ausgang statt, sondern es wird unter einigen wenigen etwas vereinbart und durch Kommissionen neben dem Parlament vorbei entschieden“. Bezogen auf die Politik als Ganzes: „Sie darf sich nicht abhängig fühlen und sich im Nasenring durch die Manege führen lassen, von Banken, von Ratingagenturen oder sprunghaften Medien.“) Jeder Linke und manch ein Grüner hätten derartige Äußerungen unverändert übernehmen können.

Heute ist Christian Wulff fast vergessen. Dabei hatte dieser Präsident in seiner lediglich nach Monaten zählenden Amtszeit mehr vernünftiges gesagt und getan, als Joachim Gauck trotz vieler Kampfesreden in seiner gesamten Amtszeit. Gauck war regierungskonform.

Wulff nicht oder nicht immer.

Nun ist Frank-Walter Steinmeier der amtierender Bundespräsident.

Steinmeier ist viele Jahre an entscheidender Stelle der Republik politisch tätig gewesen, zuletzt als Außenminister. Vorher bei Gerhard Schröder war er Kanzleramtschef. Unter maßgeblicher Mitwirkung von Steinmeier entstanden Gerhard Schröders Wirtschaftsreformen.

Ein Maßnahmekonstrukt, welches für Steuererleichterungen bei Spitzenverdienern, Steuervergünstigungen für Unternehmen bis hin zu völliger Steuerbefreiung bei Unternehmensveräußerungen sorgte. Auf der anderen Seite stand die Agenda 2010 mit dem berüchtigten Hartz IV Gesetz. Genau betrachtet hat die Agenda 2010 die Arbeitslosigkeit nur unwesentlich beseitigt, dafür jedoch in der Bundesrepublik für einen in Europa beispiellos ausgedehnten Niedriglohnsektor gesorgt. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse aller Orten. Der durch die von Schröder angestoßene und von Merkel fortgeführte Umschlag der Wirtschaftspolitik in die sogenannte marktkonforme Demokratie ist einer der Hauptgründe für den dauerhaften Exportüberschuss der Bundesrepublik. Im Rahmen des gemeinsamen Währungsraums Euro für dieses zu unlösbaren Problemen anderer Länder und zur Gefährdung des Euro Raums als ganzem.

Steinmeier trägt entsprechende Mitverantwortung an diesem politischen Entscheidungen und als Außenpolitiker und überzeugter Atlantiker ebenso für die unsäglichen Sanktionen gegenüber der russischen Föderation.

In der aktiven Politik hatte Frank-Walter Steinmeier Möglichkeiten, diese direkt zu gestalten. Als Bundespräsident fehlt ihm eigentliche politische Macht. Jetzt bleibt ihm nur noch das Wort. Aber man sollte nicht vergessen: Manch ein Bundespräsident gewann im Rahmen dieses Amtes ein völlig neues Profil. In diesem Sinne hat auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Chance verdient.

Eine gute Woche

Wünscht Ihnen
Herzlichst
Ihre Jaqueline Hartmann

Scroll to Top