Wussten Sie, dass es einen Glücksatlas gibt? Ich gebe zu, ich selbst habe erst vor kurzem vom Glücksatlas erfahren. Dabei gibt es ihn schon seit einigen Jahren, den Glücksatlas. Herausgegeben wird er von der Deutschen Post/DHL. Als Autoren für die Ausgabe des Jahres 2016 werden Professor Raffelhüschen und Reinhard Schlinkert genannt.
Bernd Raffelhüschen, der gelernte Volkswirt, ist Professor für Finanzwissenschaften an der Universität Freiburg. Raffelhüschen, der Name sagte mir etwas. Der Professor hat eine hohe mediale Präsenz. Meistens im Rahmen der Berichterstattung über Altersvorsorge, Rentenlücke, Demographie und ähnlichem. Bernd Raffelhüschen ist gerne dabei, wenn es um privates geht, seien es nun Privatrenten oder private Krankenversicherungen. Seine Verflechtungen mit der Versicherungswirtschaft sind vielfältig. Und nun widmet sich der Finanzprofessor der Glücksforschung. Warum auch nicht, Glück ist privat hat aber meistens auch mit Geld zu tun.
„Wo leben die glücklichsten Deutschen? Was ist ihr Geheimnis? Und wie wirkt sich die Flüchtlingskrise auf den Gemütszustand der Nation aus? Das sind Fragen, die interessieren und wer Antworten zu bieten hat, kann sich einer großen Aufmerksamkeit sicher sein. Die Deutsche Post weiß um die Attraktivität des Glücks und so finanziert sie Jahr für Jahr eine Erhebung namens Glücksatlas,“ so der Spiegel vom 16.10.2016 über die Studie der Post.
Die Untersuchung stützt sich auf verschiedene Umfragen, die sich neben den Themen wie Einkommen Gesundheit auch um das persönliche Glücksempfinden drehen. Darunter sind zum einen Erkenntnisse aus einer großen Dauerstudie, des sogenannten sozial-ökonomischen Panel. Mit knapp 30.000 Befragten gelten diese Daten als wissenschaftlich solide. Besonders im Bereich des Einkommens dürfte auch auf belastbare Fakten der statistischen Ämter des Bundes und der Länder zurückgegriffen worden sein. Unter Zuhilfenahme weiterer individueller Befragungen wird dann ein in Zahlen bezifferter Glücksindex errechnet.
Auf der Punkteskala des Glücks ganz vorn liegt Schleswig Holstein, gefolgt von Franken und der Region Niedersachsen/Nordsee. Schlusslicht bildet Mecklenburg-Vorpommern. Auf dem viertletzten Platz landet die Bundeshauptstadt Berlin, noch hinter den Bundesländern Thüringen und Sachsen.
Unabhängig von der Region nimmt „Gesundheit“ bei allen Befragten den höchsten Rang ein.
Als Immobilienunternehmerin interessiert mich an derartigen Untersuchungen im wesentlichen der Aussagewert in der Relation: Verfügbares Einkommen/Aufwendungen für Wohnen. Und hier zählen im Unterschied zu einem eher schwammigen Glücksbegriff nur harte Fakten. Und diese bietet die Studie durchaus.
„Wenn niedrige Einkommen auf steigende Mieten treffen,“ überschreibt der Tagesspiegel einen Beitrag vom 20.11.2016.
„Berlin, Wunschort für viele. Seit Jahren meldet die Stadt einen Rekord nach dem nächsten. Noch nie kamen so viele Touristen! So viele zugezogene wie nie! Hier wollen sie feiern, arbeiten, leben. Während diejenigen, die kommen, fasziniert sind, sind die die schon da sind ernüchtert.“ Im weiteren Verlauf des Artikels greift der Tagesspiegel Fakten aus dem Glücksatlas auf, und macht die Probleme am Berliner Wohnungsmarkt mitverantwortlich für die Unzufriedenheit vieler Bürger.
Ich greife einige Kennziffern des Glücksatlas und anderer Studien heraus:
45 % des Gesamteinkommens müssen in Berlin im Durchschnitt für Mietkosten aufgewendet werden. Höhere Löhne sind nicht in Sicht, höhere Mietpreise schon.
Das Durchschnittseinkommen in Berlin pro Bewohner liegt bei 17.601 pro Jahr (statistisches Bundesamt Werte für 2012). Berlin ist immer noch die Hauptstadt der Hartz IV Empfänger. Wer zum Jobcenter muss, sei es, dass er gar keine Arbeit findet oder als sogenannter Aufstocker lebt kommt in der Bundeshauptstadt auf10-maximal 12.000 € pro Jahr.
70 % aller deutschen verdienen bundesweit unter dem Durchschnitt. Der Anteil der Einwohner, welcher Anspruch auf einen sogenannten Wohnberechtigungsschein haben liegt in Berlin bei 55 % und damit weit über dem Durchschnitt der Republik. (Quelle: Report HWWI 2016)
Die Immobilienunternehmerin Jacqueline Hartmann hat genug zu tun. Sie verkauft regelmäßig in der Bundeshauptstadt Wohnungen bzw. Häuser an eine gut verdienende Klientel. Mit der sogenannten breiten Masse habe ich im geschäftlichen Bereich wenig zu tun. Was geht’s mich also an, könnte ich mich fragen. Viel ist meine Antwort. Es ist keinesfalls sicher, dass das Segment der Gutverdiener konstant bleibt oder gar wächst. Viele, zu viele sind bereits nach unten durch gesackt und diese Tendenz steigt. Dass die Mittelschicht in der Bundesrepublik schrumpft, bezweifelt mittlerweile niemand mehr. Die Verteilungskämpfe im unteren Einkommenssegment nehmen drastisch zu. Das betrifft nicht nur den Wohnraum, selbst an den sogenannten Tafeln gibt es zeitweilig bereits Rangeleien. (Siehe beispielsweise Fernsehberichte, SWR III etc.). Der Sozialetat des Bundes soll im Wesentlichen konstant bleiben. Für Rüstung sollen jedoch zig Milliarden mehr ausgegeben werden. Aber auch die schwarze Null im Bundeshaushalt soll bleiben. Wie kann das zusammengehen? Ich kann derzeit nicht erkennen, wer zur Zeit aus den Führungsetagen der Politik, sich ernsthaft bemüht, eine politische Wende einzuleiten.
(Weitere Daten zum zunehmendem sozialen Ungewicht in der Bundesrepublik finden Sie in mehreren der vorangegangenen Kolumnen)
Die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel vom Mittwoch bestand im wesentlichen aus der Parole: Weiter so wie bisher. Den deutschen sei es noch nie so gut gegangen wie im Jahre 2016. Ich erspare mir einen Kommentar.
Wer eine derartige Politik „Des weiter so“ vertritt hat jeglichen Bezug zur Realität verloren. Noch gibt es in der Bundesrepublik keine Massenproteste mit gewaltätigen Ausschreitungen, wie sie in anderen EU-Ländern bereits an der Tagesordnung sind. Angela Merkel möchte 2017 wieder zur Bundeskanzlerin der Republik gewählt werden.
Auch für den Rest der Wohlstandsbürger hat die Zeit der Gemütlichkeit irgendwann ein Ende. Hierzulande gibt es eine AFD, in Frankreich eine Marie Le Pen und in den USA ist es schon so weit: Trump wurde zum Präsidenten gewählt.
Mit dem Glück ist es so eine Sache.
„Glück auf, der Steiger kommt,“ ist ein traditionelles Bergmannslied. Es wird noch heute mit Inbrunst gesungen von Chören in der Schalke Arena in Gelsenkirchen, in Zwickau oder anderswo. Nur Bergleute und Steiger, die gibt es dort schon lange nicht mehr.
Ein gutes Wochenende wünscht Ihnen
Herzlichst
ihre Jaqueline Hartmann.