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Zwangsversteigerung – Moment der Schnäppchenjagd – der Zwangsversteigerungstermin – Teil 2

Nachdem im ersten Teil das Grundverständnis und der Ablauf bis zum Zwangsversteigerungstermin erläutert wurden, widmet sich dieser zweite Teil dem eigentlichen Höhepunkt: dem Versteigerungstermin selbst. Für viele Investoren und Schnäppchenjäger gilt der Versteigerungssaal als Chance, Immobilien zu einem günstigen Preis zu erwerben. Doch wer teilnimmt, sollte die Besonderheiten und Spielregeln kennen. Jaqueline Hartmann nimmt uns mit und gibt wertvolle Tipps für alle, die sich für den Kauf von Immobilien im Rahmen einer Zwangsversteigerung interessieren.

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Vorbereitung auf den Versteigerungstermin

Der Termin für die Zwangsversteigerung wird im Amtsblatt sowie online veröffentlicht, sodass Interessenten frühzeitig informiert sind. In der Bekanntmachung finden sich oft grundlegende Informationen zur Immobilie, wie beispielsweise der Verkehrswert, eventuell vorhandene Gutachten und Basisdaten zum Objekt. Interessenten haben in der Regel Zugang zu diesen Informationen und können so einschätzen, ob sich ein Kauf lohnen könnte. Ein umfassendes Gutachten zur Immobilie ist nicht immer verfügbar, und manchmal stehen lediglich Basisdaten zur Verfügung.

Eine wesentliche Vorbereitung für Interessenten besteht in der Hinterlegung der sogenannten Sicherheitsleistung, die notwendig ist, um am Bietprozess teilnehmen zu können. Diese beträgt 10 % des Verkehrswertes der Immobilie und kann durch eine Überweisung auf das Gerichtskonto oder seltener durch einen Bundesbankscheck geleistet werden. Jaqueline empfiehlt, die Sicherheitsleistung mindestens vier Wochen vor dem Termin zu überweisen, damit sie rechtzeitig beim Amtsgericht registriert ist.

Der Ablauf des Versteigerungstermins

Am Tag der Versteigerung finden sich Interessenten im Sitzungssaal des Amtsgerichts ein. Es empfiehlt sich, frühzeitig da zu sein, da beliebte Versteigerungen oft gut besucht sind und der Platz begrenzt ist. Anders als bei klassischen Immobilienverkäufen wird der Versteigerungstermin nicht von einem Richter, sondern von einem Rechtspfleger geleitet. Diese juristisch geschulten Beamten haben das nötige Fachwissen, um das Verfahren zu führen und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Zu Beginn des Termins verliest der Rechtspfleger alle wichtigen Daten zur Immobilie, einschließlich der Verkehrswerte und der festgelegten Wertgrenzen. Ein Mindestgebot, das sogenannte „geringste Gebot“, wird festgelegt. Dieses setzt sich in der Regel aus den Verfahrenskosten und eventuell geforderten Beträgen des Gläubigers zusammen. Ab diesem Mindestgebot können die Teilnehmer dann ihre Gebote abgeben.

Die Gebotsphase: Taktik und Strategie beim Bieten

Die Gebotsphase dauert mindestens 30 Minuten. Innerhalb dieser Zeit können die Interessenten ihre Gebote abgeben. Dabei gehen sie nacheinander zum Rechtspfleger, um ihre Identität zu bestätigen und das Gebot zu registrieren. Für Firmen, die mitbieten, ist ein aktueller Handelsregisterauszug erforderlich. Die Bieter können ihre Gebote schrittweise erhöhen, und der Rechtspfleger ruft das jeweils höchste Gebot aus.

Eine Besonderheit bei der Zwangsversteigerung sind die sogenannten Wertgrenzen. Bei ersten Terminen gilt die Sieben-Zehntel-Grenze des Verkehrswerts, um einen Mindestschutz für den Schuldner zu gewährleisten. Das bedeutet, dass das Höchstgebot mindestens 70 % des Verkehrswerts betragen muss, damit der Zuschlag erteilt werden kann. Wird diese Grenze nicht erreicht, darf der Rechtspfleger den Zuschlag nicht erteilen, und ein weiterer Termin kann anberaumt werden. Beim dritten Termin entfallen jedoch alle Wertgrenzen, sodass das Höchstgebot unabhängig vom Verkehrswert zum Zuschlag führen kann.

Die Rolle des Gläubigers: Zustimmung als entscheidender Faktor

Während der Rechtspfleger das Verfahren führt, hat der Gläubiger im Versteigerungstermin eine wichtige Mitspracherechte. Der Gläubiger oder dessen Vertreter kann bei Unzufriedenheit mit dem Höchstgebot den Zuschlag ablehnen. Diese Situation tritt häufig auf, wenn das Gebot deutlich unter den Vorstellungen des Gläubigers liegt, obwohl die gesetzlichen Wertgrenzen erfüllt sind. So kam es etwa bei einer Versteigerung, an der Jaqueline kürzlich teilnahm, zu dem Fall, dass der Verkehrswert bei 30.000 € lag, die Gläubigervertreterin jedoch 42.000 € als Mindestgebot forderte.

In diesem Fall können Interessenten frustriert den Saal verlassen, da ein Zuschlag ohne die Zustimmung des Gläubigers nicht möglich ist. Jaqueline weist darauf hin, dass immer mehr Gläubiger auf einen höheren Erlös bestehen, was die Flexibilität und die Chancen auf ein Schnäppchen einschränkt. Interessenten sollten daher stets mit den Vertretern der Gläubiger sprechen und mögliche Konditionen und Preisvorstellungen frühzeitig klären.

Der Zuschlag: Was passiert nach dem Gebotsende?

Erreicht ein Gebot alle geforderten Bedingungen, schließt der Rechtspfleger die Gebotsphase und erteilt den Zuschlag an den Höchstbietenden. Mit dem Zuschlag geht das Eigentum an der Immobilie offiziell auf den Ersteigerer über, und der sogenannte „Nutzen- und Lastenwechsel“ tritt ein. Der neue Eigentümer übernimmt ab diesem Zeitpunkt alle Pflichten und Rechte an der Immobilie, einschließlich der Verpflichtung zur Zahlung der Grundsteuer.

Etwa eine Woche nach dem Termin erhält der Käufer einen schriftlichen Zuschlagsbeschluss, der den Kauf offiziell bestätigt. Bis zum sogenannten Verteilungstermin, der in der Regel vier bis sechs Wochen nach dem Zuschlag stattfindet, muss der Kaufpreis vollständig bezahlt sein. Der Verteilungstermin regelt die Auszahlung an die Gläubiger und schließt das Verfahren formell ab.

Sonderkündigungsrecht bei vermieteten Objekten

Ein Vorteil bei der Zwangsversteigerung gegenüber dem klassischen Immobilienkauf ist das Sonderkündigungsrecht des Ersteigerers bei vermieteten Objekten. Der Ersteher hat das Recht, das Mietverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist zu kündigen, was ihn von den üblichen Schutzvorschriften für Mieter bei einem Verkauf entbindet. Für Investoren und Käufer, die die Immobilie selbst nutzen möchten, ist dies eine attraktive Möglichkeit, schnell über das Eigentum zu verfügen. Dennoch sollte bedacht werden, dass die Kündigung oft rechtliche Schritte nach sich zieht und zu Verzögerungen führen kann.

Chancen und Risiken: Die Zwangsversteigerung als Marktchance?

Für viele Investoren und Schnäppchenjäger galten Zwangsversteigerungen lange als „Geheimtipp“, um Immobilien unter dem Verkehrswert zu erwerben. Doch die Zeiten, in denen Versteigerungen zwangsläufig günstige Deals bedeuteten, sind vorbei. Der Immobilienmarkt hat sich gewandelt, und auch private Käufer drängen zunehmend in diesen Marktbereich, was die Preise nach oben treibt.

Zudem hat sich die Haltung der Gläubiger gewandelt: Viele fordern heute Preise, die den Marktwert übersteigen, und lehnen Gebote ab, die ihre Erwartungen nicht erfüllen. Jaqueline Hartmann weist darauf hin, dass Zwangsversteigerungen in ihrer Region längst nicht mehr die günstigen Preise bieten, die früher erzielt werden konnten. Die starke Nachfrage und die veränderten Marktbedingungen machen es schwer, echte Schnäppchen zu finden.

Fazit: Lohnt sich der Kauf bei einer Zwangsversteigerung?

Zwangsversteigerungen bieten eine Möglichkeit, Immobilien außerhalb des freien Markts zu erwerben. Doch der Erwerb im Versteigerungssaal ist komplex und erfordert nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch eine gründliche Vorbereitung. Potenzielle Käufer sollten sich nicht nur über die Immobilie, sondern auch über die Bedingungen und Verfahrensregeln informieren. Besonders das Verhalten der Gläubigervertreter und die festgelegten Wertgrenzen können den Ausgang beeinflussen.

Jaqueline Hartmann rät Interessenten, sich bei der Teilnahme an einer Versteigerung realistische Erwartungen zu setzen. Trotz der Chance auf einen Erwerb unter Verkehrswert ist die Zwangsversteigerung kein Selbstläufer und birgt Risiken. Käufer, die gut vorbereitet sind und die Marktlage genau kennen, können jedoch auch heute noch von dieser besonderen Kaufmöglichkeit profitieren.

 

Dieser Artikel bietet eine umfassende Einführung in den Ablauf eines Zwangsversteigerungstermins und die Besonderheiten, die den Erwerb im Rahmen einer Versteigerung prägen. Ein Muss für alle, die sich auf diesem speziellen Immobilienmarkt umsehen möchten.

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