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Die Mietpreisbremse in Deutschland: Politische Illusion oder wirksames Mittel?

In Deutschland ist das Thema „Mietpreisbremse“ seit ihrer Einführung im Jahr 2015 heiß umstritten. Die Mietpreisbremse soll in angespannten Wohnungsmärkten den Anstieg der Mieten begrenzen und so die Wohnraumkrise eindämmen. Doch wie wirksam ist dieses Gesetz wirklich, und welche unvorhergesehenen Nebenwirkungen bringt es mit sich? Jaqueline Hartmann, erfahrene Immobilienverwalterin und Immobilienunternehmerin, beleuchtet im Immobilientagebuch die Realität hinter der Mietpreisbremse und erklärt, warum sie glaubt, dass das Gesetz an den eigentlichen Problemen vorbeigeht.

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Was ist die Mietpreisbremse?

Die Mietpreisbremse ist ein Bundesgesetz, das in bestimmten Gebieten, den sogenannten „angespannten Wohnungsmärkten“, die Mieten bei Neuvermietungen begrenzt. In Städten wie Berlin, Hamburg und München dürfen Vermieter bei einer Neuvermietung die Miete nur um maximal 10 % über die ortsübliche Vergleichsmiete anheben. Grundlage dafür ist der lokale Mietspiegel, der für die jeweilige Stadt festlegt, was als ortsübliche Miete gilt.

Dieses Gesetz soll Mieter vor übermäßigen Mietsteigerungen schützen, die insbesondere in beliebten und dicht besiedelten Großstädten zur Regel geworden sind. Doch die Mietpreisbremse ist mit Einschränkungen versehen und erlaubt Ausnahmen, die in der Praxis oft zu Verwirrung und Umgehungsmöglichkeiten führen.

Die Realität: Begrenzung der Investitionsbereitschaft und Verwaltete Knappheit

Auf dem Papier klingt die Mietpreisbremse wie ein sinnvolles Instrument, um Mieter zu schützen. Doch in der Praxis zeigt sich, dass das Gesetz viele Eigentümer eher abschreckt, als zu einer fairen Mietpolitik zu motivieren. Wie Jaqueline Hartmann erklärt, führt die Mietpreisbremse in der Praxis dazu, dass Vermieter weniger bereit sind, in die Instandhaltung und Modernisierung ihrer Wohnungen zu investieren. Der Grund: Die Kosten für Sanierungen oder Umbauten lassen sich kaum über die Miete refinanzieren.

Hinzu kommt, dass das Gesetz nur auf den Bestand wirkt und keinen Anreiz für den Neubau bietet. Der Mangel an neuem Wohnraum wird so weiter verstärkt, denn Investoren haben wenig Interesse an Bauprojekten in Gebieten, in denen die Rentabilität durch Mietbeschränkungen gefährdet ist. Das Ergebnis ist ein stagnierender Wohnungsmarkt, in dem sich die ohnehin geringe Anzahl an verfügbaren Wohnungen weiter verknappt.

Widerspruch zur Vertragsfreiheit und das Risiko der Rechtsunsicherheit

Ein weiteres Problem der Mietpreisbremse liegt in ihrer Grundidee, die für viele Eigentümer im Widerspruch zur Vertragsfreiheit steht. In Deutschland gilt der Grundsatz, dass Verträge frei gestaltet werden können, solange keine sittenwidrigen oder wucherähnlichen Bedingungen vorliegen. Die Mietpreisbremse greift jedoch direkt in diese Vertragsfreiheit ein, indem sie Vermieter zwingt, sich an eine gesetzlich vorgeschriebene Mietobergrenze zu halten.

„Vermieter fühlen sich in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit eingeschränkt und nutzen daher oft rechtliche Grauzonen, um das Gesetz zu umgehen“, erklärt Jaqueline Hartmann. Ein bekanntes Beispiel ist das möblierte Wohnen. Möblierte Wohnungen sind oft von der Mietpreisbremse ausgenommen und werden zu deutlich höheren Pauschalmieten angeboten, da sie nicht der klassischen Mietpreisbindung unterliegen. Diese rechtliche Grauzone führt dazu, dass immer mehr Wohnungen möbliert vermietet werden – ein Trend, der besonders in Großstädten zunimmt.

Ausnahmefälle und Umgehungsmöglichkeiten: Wenn die Mietpreisbremse nicht greift

Die Mietpreisbremse kennt verschiedene Ausnahmen, die es Vermietern ermöglichen, die reguläre Mietbeschränkung zu umgehen. Dazu zählen:

  1. Neubauten: Alle Wohnungen, die nach Oktober 2014 gebaut wurden, unterliegen nicht der Mietpreisbremse. In Neubauten dürfen Vermieter die Mieten also frei gestalten.
  2. Umfassende Modernisierungen: Vermieter dürfen bei Wohnungen, die nach einer umfassenden Modernisierung wiedervermietet werden, einen Modernisierungszuschlag auf die Miete aufschlagen. Hier sind allerdings strenge Regelungen zu beachten, und der Zuschlag darf nur begrenzt auf die Investitionskosten berechnet werden.
  3. Möbliertes Wohnen: Bei voll möblierten Wohnungen, die häufig auf Zeit vermietet werden, greift die Mietpreisbremse ebenfalls nicht. Viele Vermieter nutzen diese Ausnahme und bieten möblierte Wohnungen zu deutlich höheren Preisen an, als es bei unmöblierten Mietobjekten der Fall wäre.

Diese Umgehungsmöglichkeiten sorgen in der Praxis oft dafür, dass die Mietpreisbremse ihren eigentlichen Zweck verfehlt. „Die gesetzliche Regelung hat eher den Effekt, dass Vermieter kreative Wege finden, um trotzdem marktgerechte Mieten zu erzielen“, erklärt Jaqueline Hartmann. „Das führt jedoch zu einer Schieflage, in der viele Mieter glauben, geschützt zu sein, aber faktisch doch höhere Mieten zahlen.“

Die Konsequenzen für Mieter und Vermieter

Die Mietpreisbremse bringt für beide Seiten Herausforderungen mit sich. Für Mieter scheint sie zunächst ein Schutzmechanismus zu sein, der überhöhte Mieten verhindert. Doch viele Vermieter umgehen die Regelung und vermieten zu deutlich höheren Preisen. Einige Vermieter setzen darauf, dass die Mieter keine Prüfung ihrer Mietverträge vornehmen oder sich mit der gezahlten Miete zufriedengeben.

Es gibt jedoch zunehmend Möglichkeiten für Mieter, ihre Mietverträge auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Portale wie Conny.de bieten die Überprüfung der Mietpreise an und unterstützen Mieter, die feststellen wollen, ob ihre Miete tatsächlich über dem zulässigen Rahmen liegt. Ein Gerichtsurteil kann im Nachhinein eine Rückzahlungspflicht für den Vermieter bedeuten, was zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann.

Politische Überlegungen zur Sanktionierung: Strafen für Vermieter?

In den letzten Jahren wurde mehrfach darüber diskutiert, Vermieter, die gegen die Mietpreisbremse verstoßen, zusätzlich mit Bußgeldern zu belegen. Diese Diskussion zeigt, dass die Mietpreisbremse in ihrer bisherigen Form weder von Mietern noch von Vermietern vollständig akzeptiert wird. „Bußgelder würden die Situation nur verschärfen“, meint Jaqueline Hartmann. „Das wäre eine weitere Sanktionierung der Vermieter, die ohnehin schon wenig Spielraum haben, rentabel zu wirtschaften.“

Die politischen Diskussionen verdeutlichen, dass die Mietpreisbremse als alleinige Maßnahme nicht ausreicht, um das Wohnraumproblem zu lösen. Experten sind sich einig, dass der Neubau gefördert werden muss, um das Wohnraumangebot zu erhöhen und den Mieten so auf natürliche Weise einen Deckel aufzusetzen. Ein Beispiel dafür ist Wien, wo die Stadt selbst als größter Vermieter auftritt und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt.

Das Dilemma der Betriebskosten: Der „wahre“ Preistreiber

Ein weiteres Problem, das die Mietpreisbremse nicht adressiert, sind die stark gestiegenen Betriebskosten. Diese Nebenkosten machen mittlerweile einen großen Teil der Mietbelastung aus und werden oft als „zweite Miete“ bezeichnet. Insbesondere Heizkosten und Abgaben für Müll und Wasser haben in den letzten Jahren stark angezogen. Die Mietpreisbremse kann zwar die Grundmiete deckeln, aber die Nebenkosten bleiben unberührt und tragen erheblich zur finanziellen Belastung der Mieter bei.

Jaqueline Hartmann sieht in den gestiegenen Betriebskosten einen entscheidenden Faktor, der die Wohnkosten für viele Haushalte explodieren lässt: „Die Betriebskosten machen mittlerweile oft einen höheren Teil der Mietbelastung aus als die Nettokaltmiete. Hier müsste die Politik ebenfalls ansetzen, wenn sie die Belastung der Mieter wirklich senken möchte.“

Fazit: Die Mietpreisbremse – ein Gesetz mit Lücken und unbeabsichtigten Folgen

Die Mietpreisbremse war als Schutzmaßnahme für Mieter gedacht, doch ihre Wirksamkeit bleibt fraglich. Viele Vermieter fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt und suchen nach kreativen Umgehungsmöglichkeiten, die ihnen weiterhin eine rentable Vermietung ermöglichen. Für Mieter bleibt die Mietpreisbremse oft ein theoretischer Schutz, dessen Umsetzung sie in der Praxis kaum spüren. Die Umgehungen durch möblierte Vermietung und Nebenkostenbelastungen zeigen, dass das Gesetz das Wohnraumproblem nur oberflächlich adressiert.

Um die Wohnraumproblematik nachhaltig zu lösen, braucht es mehr als eine Regulierung der Mietpreise: Der Neubau von Wohnungen muss gefördert und bestehender Wohnraum modernisiert werden, um eine echte Entlastung des Wohnungsmarktes zu erreichen. Nur durch eine umfassende Herangehensweise, die auch die Betriebskosten in den Blick nimmt, kann die Mietkrise in den Städten langfristig gemildert werden.

Jaqueline Hartmanns Einschätzungen zeigen, dass das Thema Mietpreisbremse weit mehr ist als nur eine einfache Preisgrenze – es ist eine Herausforderung für die gesamte Immobilienwirtschaft und die Politik. Im Immobilientagebuch erhalten Sie stets neue Einblicke in aktuelle Entwicklungen und können die vielfältigen Perspektiven rund um das Thema Wohnen und Immobilien entdecken.

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